KIEL.nachhaltig: Mario, du bist Wassersportler durch und durch. Wer hat dich für das lebensspendende Element begeistern können?
Das waren meine Eltern. Schon im Alter von wenigen Wochen habe ich die Tage am Strand verbracht und früh die Faszination fürs Wellenreiten entdeckt. Mit dem Kitesurfen habe ich vor 20 Jahren angefangen und es ist meine große Leidenschaft bis heute geblieben.
Damit warst du ja auch ziemlich erfolgreich!
Ich habe drei Europameistertitel geholt und acht deutsche Meistertitel. Danach habe ich mich jedoch von den Wettkämpfen verabschiedet und nach einer neuen Herausforderung gesucht. Die Faszination für unseren Sport und die Weiterentwicklung der speziell für Sportler*innen geeigneten Produkte haben mich sehr gereizt. Als ich mit dem NDR für eine Reportage in Island war, bin ich zwischen den Eisbergen und rund 30 Seerobben gesurft. Das war ultra-schön, hat aber auch etwas in mir ausgelöst.
Was denn?
Ich wollte einfach die Realität zeigen. Wie schlimm es ist, dass so unglaublich viel Plastikmüll in den Meeren schwimmt, in denen Tiere verenden. Gemeinsam mit Chris Braun und Sebastian Bellwinkel und dem NDR haben wir dann die Dokumentation „Plastik in jeder Welle“ gedreht. Dabei sind eindrucksvolle Bilder entstanden, welche die Aufmerksamkeit von Jugendlichen geweckt haben – und auch hoffentlich endlich die der Politik.
„Es klebte der Teer an den Boards“
Könnte man also von einem „Hallo-WachErlebnis“ sprechen? Und wenn ja, was war der Anlass?
Sicherlich. Schon vor etwa sechs Jahren, als ich Wettkämpfe in Indonesien, Fuerteventura und China gefahren bin. Da flogen ständig Plastiktüten rum oder lagen im Wasser. Ich bin buchstäblich durch den Müll gesurft. Das ging sogar so weit, dass Teer an meinem Board klebte. Als Wassersportler war ich einfach direkt von den Auswirkungen des Müllproblems betroffen und konnte mit eigenen Augen sehen, was unachtsames Verhalten anrichten kann. Das hat mein Bewusstsein für einen nachhaltigen Umgang mit Rohstoffen besonders geprägt.
Die Dokumentation hat in der Folge hohe Wellen geschlagen, oder?
Auf jeden Fall ist der Film in den letzten Jahren 30 Mal auf diversen öffentlichen Sendern gelaufen. Aber viel schöner ist es, dass ich daraufhin in Schulen eingeladen wurde, um von meinen Erfahrungen zu berichten und Müll-Sammel-Aktionen mit den Schüler*innen zu starten. Am sozialen Tag haben wir gemeinsam mit der Förde Sparkasse Müll gesammelt, was für Kinder einen spannenderen Zugang liefert als vielleicht ein Uni-Professor, der etwas vorträgt. Außerdem haben mich einige Unternehmen und die Wirtschaftsjunior*innen eingeladen. Nach einem Vortrag haben wir jedes Mal über neue Ideen diskutiert und auch einige Ansätze gefunden. Viele davon sind heute umgesetzt.
Du bist rund um die Welt gereist, nicht selten wahrscheinlich geflogen. Wie steht es um deinen persönlichen CO2-Abdruck?
Er wird besser. Ich achte mittlerweile schon sehr darauf, einen CO2-Ausgleich zu schaffen, in dem ich Flugreisen zum Beispiel kompensiere. Das Thema ist komplex und geht dadurch jeden etwas an. Die Frage ist nur, wo fange ich an, was kann jeder leisten und wann bin ich eigentlich nachhaltig? Ich denke Umweltschutz ist als Prozess mit vielen Stakeholdern zu begreifen. Jeder kann im kleinen etwas tun, sei es das lokale Einkaufen bei regionalen Erzeuger*innen oder der Verzicht auf Produkte mit langen Lieferketten. Und wir sollten die Motivation dabei nicht verlieren.
„Wir müssen alle an einem Strang ziehen.“
Mit deinem Unternehmen KOLD shapes arbeitest du selbst an Produkten von Surfer*innen für Surfer*innen. Was steckt dahinter?
In Indonesien ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen, als ich den ganzen Müll gesehen habe. Wir üben einen so tollen Sport aus und können uns nicht Naturverbundenheit auf die Fahnen schreiben, wenn wir auf billig produzierte Materialien aus China zurückgreifen. Ich wollte daraufhin Produkte nutzen, die fair hergestellt wurden. Ich habe also erst meinen Sponsoring-Vertrag gekündigt und später KOLD shapes gegründet, wo mein Team und ich nachhaltige Kiteboards entwickeln. Dabei nutzen wir nachwachsende Rohstoffe wie Holz und Flachsfasern. Die Boards und alles Zubehör werden CO2 neutral in Europa produziert und ohne Plastik verpackt. So haben wir kurze Transportwege und können die Arbeitsbedingungen kontrollieren sowie die Kommunikation mit den Fabriken. Das wirkt sich positiv auf die Qualität der Produkte aus.
Darüber hinaus hast du noch weitere Projekte am Start?
Genau ich arbeite mit der Abfallwirtschaft Rendsburg-Eckernförde zusammen, in dem ich Aufklärungsarbeit im Internet leiste. Es geht in Videos um Antworten auf die Fragen „Wie kann ich eine Br.tchentüte sinnvoll weiterverwenden?“ oder „Wie entsorge ich einen Yoghurtbecherdeckel richtig?“ und „Wieso gibt es neue gelbe Tonnen im Kreis Rendsburg- Eckernförde?“. Diese Themen müssen transparenter werden, damit Eltern nicht die Motivation verlieren, ihren Kindern diese Dinge zu erklären. Gerade die Jüngsten müssen über diese Themen etwas lernen.
Nicht als Unternehmer, sondern du ganz privat – ergänze doch mal den Satz: Ich trage meinen Teil zu einer nachhaltigeren Welt bei, in dem ich …
… Bewusstsein schaffe. Ob Dokumentation, Beach-Clean-up oder die Produktion emissionsfreier Kiteboards – so trage ich einen Teil dazu bei, dass die Welt zu einem sauberen Ort für nachkommende Generationen wird.
– Das Interview führte Sebastian Schulten
Wer mehr über Mario Rodwald und seine Arbeit wissen möchte, schaut unter www.koldshapes.com, www.sea-me.com und www.youtube.com („Plastik im Meer“) vorbei.