Habt ihr mal darüber nachgedacht, welchen Weg Wasser zurücklegt, bis es bei euch als Trinkwasser landet? Förde Fräulein Finja und ihr Team haben genau das bei einer Führung durch das Wasserwerk Schwentinetal in Erfahrung gebracht – und dabei mehr als eine wundersame Entdeckung gemacht.
Naturidylle an der Schwentine
Als ich gemeinsam mit meiner Kollegin Mona auf den schmalen Weg abbiege, der sich an der Schwentine entlangschlängelt, traue ich meinen Augen kaum: Mitten im Grünen ruht ein herrschaftliches und wunderschönes Gebäude aus rotem Backstein – so habe ich mir ein Wasserwerk wirklich nicht vorgestellt.
„Ja, das hier ist eines meiner liebsten Wasserwerke in Kiel, es hat die schönste Anlage und befindet sich mitten in der Natur“,
schwärmt Betriebsmeister Gunnar Bandholz, als er unsere großen Augen bemerkt. Gunnar ist schon lange bei den Kieler Stadtwerken. Gemeinsam mit Thomas Vollmann, dem Maschinisten des Wasserwerks Schwentinetal, führt er uns heute durch eine (Wasser-)welt, die wir so noch nicht kannten. Auf dem Gelände befinden sich zehn Brunnen, die aus bis zu 35 Metern Tiefe Grundwasser aufbereiten. Das bedeutet, dass das Wasser, das später bei euch aus dem Hahn fließt, zu fast 100 Prozent aus dem Niederschlag stammt, der sich bei uns in Kiel ja oft genug zeigt. Die Besonderheit des Standortes ist die Lage, da das Wasserwerk in einem Wasserschutzgebiet liegt. Es gibt für Landwirt*innen gewisse Auflagen, die sie erfüllen müssen, wodurch direkter Kontakt entsteht: „Das ist wirklich klasse, denn von dem regen Austausch profitieren beide Seiten“, erzählt Gunnar.
Der Brunnen als Strohhalm
Doch wie funktioniert das Ganze? „Im Prinzip könnt ihr euch ein Sandwich vorstellen, mit verschiedenen Schichten aus Kies,
Lehm und Wasser“, erklärt Gunnar. Die Brunnen fungieren als Strohhalm und saugen Wasser daraus an. „Jeder Brunnen hat
dabei seine eigene Persönlichkeit. Am Ende ist das Wasser, das ankommt, das gleiche, aber jeder Brunnen gibt seine Note dazu“, verrät Gunnar. Das hatte ich nicht erwartet. Und erstaunlich geht es weiter, als wir uns in Richtung eines Brunnens aufmachen. Der sieht nämlich so gar nicht aus, wie ich mir einen Brunnen vorgestellt habe: eine graue Stahlluke, unter der sich ein riesiges blaues Rohr befindet, das im Boden verschwindet Hier werden pro Stunde 100 bis 120 Kubikmeter Wasser gefördert, das sind 120.000 Liter. Unvorstellbar, oder?
Die einzelnen Schritte
Das Wasser wird auf dem Gelände belüftet, gefiltert, gespeichert und von hier aus ins Netz gepumpt. Das Besondere hier ist die Höhenlage, wodurch das Wasser einmal nach oben gepumpt wird und dann wie bei einer Quelle fließt und fließt und fließt. Doch von vorn: Das geförderte Wasser, das übrigens keimfrei aus dem Boden kommt, wird zunächst belüftet und mit Sauerstoff angereichert, um Schwefel zu beseitigen: Verdüsung nennt sich das. Das geschieht in sechs großen Kammern mit bis zu zwei
Meter hohen Springbrunnen.
Danach wird das Wasser über sechs Kiesfilter geleitet und gefiltert. Dort lagern sich überwiegend Eisen und Mangan ab, was in regelmäßigen Abständen herausgespült wird und in ein Absetzbecken gelangt. Wie der Name schon sagt, setzt sich dort in drei gleich großen Kammern der Schlamm ab und das Oberflächenwasser wird abgepumpt und in den Wasserkreislauf zurückgeführt.
Jugend forscht im Wasserwerk
Nachdem das Wasser belüftet und gefiltert wurde, hat es Trinkwasserqualität (das Kieler Wasser ist ziemlich perfekt) und wird zwischengespeichert, bis es in die Maschinenhalle geht und von dort aus auf die Reise in das 900 Kilometer lange Kieler Haupttransportnetz geht.
In der Maschinenhalle fühlen wir uns wie in einem Museum. Das Gebäude steht sogar unter Denkmalschutz. Ein fast schon nostalgisches Gefühl überkommt mich, wenn ich vor den alten Geräten stehe. Gunnar erklärt uns während der kleinen Museumstour, dass das Wasser dank Mikroorganismen, die von dem Eisen-Mangan-Schlamm leben, biologisch aufbereitet wird. Seine Begeisterung für dieses natürliche Vorgehen ist ihm deutlich anzumerken. „Manchmal fühle ich mich wie bei Jugend forscht. Die Biologie der Aufbereitung hat mich von Anfang an fasziniert. Die regelmäßigen Laborarbeiten zur Überprüfung führe ich inzwischen auch selbst durch“, erzählt er uns fast ein bisschen stolz.
Das darf er auch sein, denn diese hochkomplexen Sachverhalte versteht wirklich nicht jede*r. Ich durfte bei Gunnar so vieles lernen und habe mich von seiner Begeisterung schnell anstecken lassen. Und das Beste: Ich weiß nun ganz genau, was alles geschehen musste, bevor ich zu Hause den Wasserhahn aufdrehe – und das Kieler Trinkwasser genießen kann. Die Selbstverständlichkeit, einwandfreies und gutes Trinkwasser zu haben, ist dank der spannenden Führung der Erkenntnis gewichen, dass Wasser wirklich alles ist – aber eben nicht selbstverständlich.
Aufgrund der aktuellen Lage finden derzeit leider keine Führungen statt. Für mehr Infos: presse@stadtwerke-kiel.de